Seine Heimat in Schlesien hat er nie vergessen
(H. Kröger) Es gibt Momente im Leben, die man nie vergisst. Ein solcher Moment ist sicherlich auch die Übergabe des Führerscheins nach bestandener Fahrprüfung. Wie viele Fahrschüler von Fahrlehrer Walter Menzel im Laufe seines Berufslebens ausgebildet wurden und sich dann über den ausgehändigten Führerschein freuen konnten, ist nicht genau bekannt. Es waren weit über dreitausend.
Auch im Ruhestand übernahm Walter Menzel ehrenamtliche Aufgaben.
Er war 33 Jahre alt, als er in Hausstette um 1956 eine kleine Fahrschule eröffnete. Bis zu diesem Zeitpunkt seines Lebens hatte Walter Menzel Ereignisse bewältigt, die heute unvorstellbar sind. Aufgewachsen ist Menzel Walter (geb. 1923, Schlesier nennen zuerst den Nachnamen und dann den Vornamen) in Leisersdorf/Schlesien. Seine Eltern Gustav Menzel und Pauline geb. Hohberg bewirtschafteten dort einen Bauernhof mit 6 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche und 1 ha Wald.
Bereits mit 19 Jahren erfolgte 1942 die Einberufung zur Wehrmacht mit Kriegsdienst als Kradmelder im Russlandfeldzug. Die Kriegserlebnisse im Kessel von Stalingrad sind von Walter Menzel ausführlich beschrieben in der Dokumentation über Hausstette von Hanna Koops und Maria Teschner. Hier ein kleiner Auszug seiner Erinnerungen an Stalingrad im Winter 1942/43
…. Eines Tages, Mitte Dezember, traf mich ein Geschoss aus einem russischen Maschinengewehr in die Brust, genau über dem Herzen. Da wir sehr gute Winterkleidung hatten, wurde das Geschoss abgebremst und hatte nicht die Durchschlagskraft, als wenn ich leichtgekleidet gewesen wäre. Die linke Schulter und der linke Arm waren lahm, aber ich konnte selbst zum Hauptverbandsplatz gehen. Unterwegs dorthin bekam ich Gesellschaft von anderen gehfähigen Verwundeten. … Unbeschreiblich der Geruch und der Dunst beim Hauptverbandsplatz, der uns entgegenkam. Das Schreien und Stöhnen der Schwerverwundeten hatte ich noch lange im Ohr. Die Ärzte, die laufend operierten, sahen mit ihren blutverschmierten Gummischürzen und Unterarmen und Händen wie Metzger im Schlachthof aus…..
Elternhaus von Walter Menzel in Leisersdorf, Schlesien
Walter Menzel , als Soldat der Wehrmacht erlebte den Krieg an der Ostfront und auch in Stalingrad
Er hatte Glück und überlebte den Krieg. Nach einem Lazarettaufenthalt im von Sowjettruppen besetzten Oberösterreich (nahe der tschechischen Grenze) gelang ihm nach Kriegsende die Flucht in den amerikanischen Sektor und über Linz und Wien zurück nach Deutschland. 1947 kam er dann nach Hausstette, wo seine Eltern nach ihrer Vertreibung aus Schlesien bei den Familien Stromann und Bührmann eine Unterkunft gefunden hatten.
Wilhelmine Stromann konnte sich noch gut an den 28. Juli 1946 erinnern, als sie den Vater Gustav Menzel nach der Vertreibung aufnahm. Völlig ausgezehrt von der Flucht aus der Heimat kam er in kaputten Schuhen und in verlauster Kleidung bei ihr an. Wie ausgehungert er war, sah sie am nächsten Tag, als er mit einem Beil steinhartes Kommissbort zerteilen wollte, um es noch zu essen. Trotz dieser Leiden freute sich die Familie, dass alle wieder in Hausstette vereint waren. Ein wenig Normalität kehrte zurück in das Leben der Familie Menzel.
Nach Krieg und Vertreibung ist die Familie Menzel 1947 in Hausstette wieder vereint. Vorne sitzend v. li. Eltern Pauline und Gustav Menzel, hinten stehend v. li. Maria Bührmann, Walter Menzel, Witwe Johanna Bührmann und Hulda Bührmann geb. Hoyer. Bei der Familie Bührmann fanden sie für einige Zeit eine Unterkunft.
Walter Menzel arbeitete einige Jahre im landwirtschaftlichen Betrieb von Gut Daren. Josef Hüninghake aus Schledehausen, ebenfalls auf Gut Daren beschäftigt, kann sich noch sehr gut an diese Zeit erinnern. Aufgrund seines technischen Sachverstands war Walter Menzel als 1. Treckerfahrer auf dem Gut besonders von der Familie von Frydag und den Mitarbeitern sehr geachtet. Neben dieser Tätigkeit bildete er sich berufsbegleitend weiter zum Fahrlehrer und gründete um 1956 eine kleine Fahrschule in einem Zimmer der Familie Josef Wolke in Hausstette.
Dieses Foto zeigt Walter Menzel (Reihe Mitte 2. v. re.) 1955 mit weiteren Mitarbeiter/innen auf Gut Daren. Landwirtschaftliche Arbeiten kannte er von seinem Elternhaus in Leisersdorf
Seine Liebe zum Chorgesang pflegte er zu dieser Zeit bereits als Chormitglied im evangelischen Vechtaer Kirchenchor. Nach dem Tod seines Vaters im Jahre 1957 kaufte er ein Haus in Büschel und bezog es mit seiner Mutter. Im Jahre 1959 heiratete er Irmgard Samulewitsch, die bis dahin bei der Molkerei Georg Albrecht in Hausstette angestellt war. In der Folgezeit wurden die Söhne Wolfgang, Klaus und Jürgen geboren. Pauline Menzel starb 1961 und wurde neben ihrem Mann auf dem Friedhof in Vestrup beerdigt.
Dieser Raum dürfte vielen Bakumern noch sehr vertraut sein. Nicht nur Fahrschüler aus der Gemeinde Bakum bereiteten sich hier auf die Fahrprüfung vor.
Das erfolgreiche Ergebnis einer mehrwöchigen oder auch mehrmonatigen Fahrschulzeit
Als Gründungsmitglied des Heimatvereins war er mit der Gemeinde Bakum immer sehr verbunden. Seine Anwesenheit als Fotograf bei den vielen Volksfestumzügen war eine Selbstverständlichkeit. Viele Diavorträge über Bakum, aber auch Vorträge aus seiner schlesischen Heimat gehörten zu den ehrenamtlichen Aktivitäten von Walter.
Während eines Volksfestumzuges stand Walter Menzel mit seiner Kamera vor der alten Vikarie in der Dorfmitte von Bakum. Alle Fotos und Super 8 Filme sind dank der Familie Menzel im Bestand des Bakumer Heimatvereins.
Für Walter Menzel war es selbstverständlich, auch im Heimatverein Bakum aktiv mitzuarbeiten. Häufiger hat er in Vorträgen besonders über seine schlesische Heimat im Heimathaus berichtet. Das Foto aus 1994 v. li. Werner Kuper, Gottfried Hollah, Hildegard Holtkotte, Thorsten Scharbau, Walter Zurborg (Vors.), Alfred Behrens, Walter Menzel und Peter Linnemann
Walter Menzel liebte auch die Geselligkeit, wie hier 1993 bei einem Maigang der Bauerschaft Büschel, v. li. Bernhard Willenbrink, Heinz Pohlmann, Walter Menzel, Maria Pohlmann, Maria Südkamp, Josefine Thole, Maria Schröder und Rosa Schürmann.
Sein Engagement in der evangelischen Kirche der Gemeinde Bakum wird immer in Erinnerung bleiben. Walter Menzel sang viele Jahre im Bakumer evangelischen Kirchenchor. Seine Verbundenheit zum evangelischen Bekenntnis und zur Gethsemane-Kirche in Bakum wurde anlässlich des Todes im Jahre 2005 im Nachruf der Ev. KIrchengemeinde Bakum besonders betont. Pastor Karsten Hilgen würdigte ihn mit folgenden Worten: „Als Mitglied des Gemeindekirchenrates führte er von 1960 bis 1971 die Geschicke der ev. luth. Kirchengengemeinde Bakum. Von 1987 bis 2004 verkündete er auf vielfältige Weise und mit tiefer Glaubensüberzeugung als Lektor die frohe Botschaft des Evangeliums in unserer Kirchengemeinde, aber auch in vielen anderen Gemeinden der Kirchenkreise Vechta und Cloppenburg. Für sein großes Engagement in vielen Bereichen der kirchlichen Arbeit und für seine enge Verbundenheit mit unserer Kirchengemeinde sind wir ihm aufrichtig dankbar.
Seine Ehefrau Irmgard war jahrzehntelang bei den Landfrauen aktiv und sorgte immer wieder für eine besondere Gastlichkeit im Haus Menzel. Frau Menzel verstarb 2015 im Alter von 85 Jahren. Walter und Irmgard Menzel haben ihre letzte Ruhestätte auf dem Friedhof in Bakum gefunden.
Vorankündigung
Seit einigen Wochen verfügt der Heimatverein über zahlreiche Super 8 Filme aus dem Bestand von Walter Menzel. Zum eigentlichen Volksfesttermin 2020 am nächsten Wochenende zeigen wir auf unserer Interneseite eine kleine Präsentation dieser interessanten Filmaufnahmen.
Der Heimatverein Bakum finanziert sich zum größten Teil aus den Beiträgen der Mitglieder (aktuell 640 Mitglieder) Gerne möchten wir diese Zahl in nächster Zeit erhöhen. Falls noch keine Mitgliedschaft besteht, hier kann die Mitgliedschaft erworben werden.